Können Träume wahr werden?

Seit ihrem 15. Lebensjahr träumt Sofia davon, einmal eine glückliche Familie, mit vielen Kindern und einem tollen Mann, zu haben. Sofias Traumfamilie lebt in einem kleinen Häuschen, an einem rauschenden Bach. Herzlich lachend tummeln sie gemeinsam herum und necken sich gegenseitig. Aber in schweren Zeiten können sie sich alle blind aufeinander verlassen.

Als sie dann nach Jahren ihren Mann Niklas kennen lernte, scheint endlich ihr Traum zum Greifen nahe zu sein.

Unzählige Male hoffte sie innig, dass sie endlich schwanger werden würde. Doch unzählige Male weinte sie leise vor sich hin, als ihr sehnsuchtsvoller Wunsch wieder einmal zerplatzte.

Ihre Sehnsucht, ein Kind zu haben, war so gross, dass sie an nichts anderes mehr denken konnte. Ständig sah sie schwangere Frauen, die sich behutsam über ihre Bäuche streichelten und sich liebevoll über ihr eigenes Wunder freuten. Mit traurigem Blick sah sie den Kindern beim Spielen zu oder schaute den Frauen vorwurfsvoll hinterher, die ihre Kinder sinnlos beschimpften.

 

Mittlerweile sind 20 Jahre voller Sehnsucht, Bangen und Verlangen vergangen und mehr denn je, verspürt sie ihren Herzenswunsch.

Sie fühlt sich leer und zu nichts zu gebrauchen. Es schmerzt sie so sehr, seit Jahren versagt zu haben.

 

Doch endlich kommt der Tag, an dem Niklas und Sofia beschliessen, in die Natur einzugreifen.

Sofia und Niklas gehen hoffnungsvoll aber dennoch ängstlich, die Treppe der Invitro- Praxis hinauf und öffnen die Tür.

Ein lichtheller Raum und eine sympathische Assistentin versprühen den Charme einer Arztpraxis. Im Wartezimmer sitzen einige Päärchen und flüstern sich gegenseitig zu.

 

Dr. Paul ist ein älterer, magerer Mann, der mit jedem Blick Zuversicht und Hoffnung ausstrahlt.

„ So, liebe Familie Brand, ich begrüsse sie in meiner Praxis. Was kann ich denn für sie tun?“

Nervös und schüchtern schaut Sofia auf den Boden und beginnt, stark mit den Tränen kämpfend, ihre langwierige Leidensgeschichte, vom Kampf schwanger werden zu wollen, zu erzählen. Dabei ist sie bedacht, nichts auszulassen. Niklas sitzt währenddessen neben ihr und versucht sie zu trösten, in dem er ihre Hand hält. Nachdem Sofia auch von dem positiven Spermiogramm erzählt hat, macht sie eine kurze Pause.

Dr. Paul wendet, während ihrer Schilderung, den Blick nicht von seinen Unterlagen ab und kritzelt eifrig auf ein Stück Papier. Doch plötzlich schaut er Sofia mit scharfsinnigen Blick an und fragt: „Und wie fühlen sie sich in diesem Moment?“

Als hätte Dr. Paul auf einen Knopf gedrückt. Plötzlich beginnt Sofia bitterlich zu weinen. Da sie so sehr schluchzt und nicht weiter reden kann, erzählt Niklas von ihren gemeinsamen Sehnsüchten, endlich ein eigenes Wunder zu vollbringen. „Unsere Sehnsucht ist so gross, dass es schmerzt, Freunde und Familien, mit Kindern, zu besuchen. Oft sagen wir Treffen ab. Wir fühlen uns minderwertig, weil wir ständig nach Kindern gefragt werden. Und ich kann das Gespött meiner Kollegen nicht mehr ertragen, ein Versager zu sein. Auch, dass ich es nicht drauf habe und lieber Golf spielen sollte. Wir wünschen uns so sehr ein Kind.“

Mit diesen Worten schaut Niklas traurig auf den Boden und versucht aufsteigende Tränen zu bezwingen.

Nachdem sich alle wieder etwas beruhigt haben, fordert Dr. Paul Sofia auf, sich zu entkleiden, um anschliessend diverse Test zu machen.

Während Sofia mittlerweile routiniert die Tests über sich ergehen lässt, fleht sie innerlich schreiend: `Lieber Gott, bitte lass alles in Ornung sein! Bitte hilf mir doch, dass endlich mein Traum wahr werden kann. Ich würde alles dafür tun! `

Nach gefühlten Stunden und nachdem Sofia wieder neben ihrem Mann sitzt, der wie gebannt Dr. Pauls Untersuchungen verfolgt, schaut Dr. Paul Sofia tief in die Augen, als er sagt: „Ich kann nichts versprechen, aber einer Schwangerschaft steht, soweit ich das jetzt beurteilen kann, nichts im Wege.“

 

In der Zwischenzeit sind unzählige Monate vergangen.

Nach der 3. Invitro- Behandlung, ist Sofia einer Depression nahe. Nicht nur, dass sie nicht schwanger geworden ist, sondern, dass sie die Schmerzen und das ständige Hoffen, nicht mehr ertragen kann.

Auch streiten sich beide nur noch, Kleinigkeiten werden plötzlich riesig gross. Diese Folter ihrer Ehe hält ihre Liebe nicht aus und nach unzähligen Kämpfen beschliessen Beide, getrennte Wege zu gehen.

Plötzlich erkennt Sofia, dass sich ihr innigster Wunsch, eine glückliche Familie, zu haben, nie mehr erfüllen wird. Sehnsüchtig schaut sie einer Frau, die mit ihrer kleinen Tochter lacht, hinterher und weiss, dass sie nun endgültig versagt hat.

Nein, ihr Traum ist nicht wahr geworden!